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Steinkohleregionen dürfen im Kohleausstiegsgesetz nicht benachteiligt werden

Die NRW-Landesgruppe in der SPD-Bundestagsfraktion begrüßt weiterhin sehr, dass der SPD- Vorschlag für eine Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ (KWSB) erfolgreich war und alle Betroffenen einen Konsens für einen geordneten Kohleausstieg gefunden haben. Der Gesetzentwurf zum Kohleausstiegsgesetz fällt allerdings hinter die Empfehlungen der KWSB zurück. Die 1:1-Umsetzung dieser Empfehlungen muss weiterhin die Richtschnur für alle gesetzgeberischen Entscheidungen sein, von der nicht einseitig zu Lasten der Steinkohle abgewichen werden darf.

Nordrhein-Westfalen ist ein starkes Land, gerade weil die Regionen fest zusammenhalten. Das muss auch so bleiben. Dieser Kohleausstieg ist gleichermaßen ein Ausstieg aus Braun- und Steinkohleverstromung, die besonders im Ruhrgebiet ein wichtiger Teil der Verbundindustrie ist. Die Kraftwerks-Beschäftigten mit ihren Familien und die Menschen in den Regionen brauchen Solidarität, Planungssicherheit und Perspektiven.

Planungssicherheit ist ein hohes Gut in Wirtschaft und Politik. Es ist ökonomisch, ökologisch und sozial nicht vermittelbar, wenn besonders klimaschädliche Braunkohlekraftwerke in Ostdeutschland länger am Netz bleiben und dafür rentable Steinkohlekraftwerke mit weniger CO2-Ausstoß vom Netz gehen. Besonders betroffen von der Bedrohung einer entschädigungslosen Stilllegung sind Unternehmen im mehrheitlich kommunalen Besitz wie Stadtwerke, die eine eingeschränkte Grundrechtsfähigkeit haben. Und klar ist auch: Die
Versorgungssicherheit unseres Industriestandortes in NRW bei Strom und Wärme muss gewährleistet bleiben und wir werden die Klimaziele nur mit einem zielgerichteten Ausbau der erneuerbaren Energien zum 65-Prozent Ziel erreichen.

Wir danken der SPD-Seite im Bundeskabinett für die bisherige Unterstützung. Jetzt muss sich die SPD-Seite auch im  esetzgebungsverfahren dafür einsetzen, dass die Steinkohlekraftwerksstandorte nicht nur mit einer konkreten Förderkulisse für
energiewirtschaftliche Zukunftsthemen wie Klimaschutz, Wasserstoff und Kreislaufwirtschaft ausreichende Mittel für die Gestaltung eines erfolgreichen Strukturwandels erhalten, sondern auch der Steinkohleausstieg fair geregelt wird. Deshalb ist es unerlässlich, dass die Kritik von Gewerkschaften, Unternehmen und Ruhrgebietskommunen aktiv aufgegriffen wird. Nur so lässt sich ein sozialer Klimaschutz gestalten, der aus Betroffenen wirklich Beteiligte macht. Wir brauchen substanzielle Veränderungen im Gesetzgebungsverfahren, bei denen folgende Kernforderungen im Mittelpunkt stehen müssen:

  1. Es darf keine systematische Ungleichbehandlung von Steinkohle- und Braunkohlestandorten geben.
  2. Entschädigungslose Stilllegungen mit hohem Klagerisiko gefährden den gesellschaftlichen Konsens der KWSB, deshalb müssen Stillegungen angemessen mentschädigt werden. Das gilt besonders für moderne Kraftwerke (Inbetriebnahme 2013- 2015), die noch lange nicht abgeschrieben sind. Dies ist allein deshalb wichtig, weil die Kraftwerksbetreiber ihre tarifvertraglichen Pflichten gegenüber den Beschäftigten und die Kosten der Rekultivierung der Grundstücke finanzieren müssen.
  3. Wir brauchen deutlich bessere Rahmenbedingungen für den Ausbau der KWK und den Wechsel von Kohle- auf Gas-KWK. Die vorgeschlagene KWK-Förderung ist nicht ausreichend, um die Zukunft der Fernwärme abzusichern oder bedarfsgerechte Ersatzinvestitionen anzureizen. Der steile Ausstiegspfad für Steinkohlekraftwerke führt dazu, dass KWK-Anlagen in sehr kurzer Zeitspanne umgerüstet werden müssen. Deshalb müssen der Kohleesatzbonus sowie die Grundförderung angehoben werden.
  4. Die Auschreibungen sollten gemäß WSB-Empfehlung bis 2030 verändert werden. Außerdem muss in den Ausschreibungen sichergestellt werden, dass ein Tarifvertrag / eine Betriebsvereinbarung unbillige soziale Härten für die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vermeidet und Regelungen zum Ausschluss von betriebsbedingten
    Kündigungen sowie soziale Ausgleichsmaßnahmen beinhaltet.
  5. Die Kraftwerksareale sind große, zusammenhängende Industriestandorte inmitten dicht besiedelter Räume – mit bester  Infrastruktureller Anbindung, Hochspannungsanschluss und Wasserversorgung. Diese Flächen werden bei nachhaltiger Flächenentwicklung zukünftig immer wichtiger. Wir dürfen keine Brachen entstehen lassen, sondern müssen diese Industriestandorte für Unternehmen mit guten Arbeitsplätzen und z. B. als Energiestandorte weiterentwickeln. Deshalb brauchen wir eine verpflichtende Regelung für die Kraftwerksbetreiber zur Flächenentwicklung der Kraftwerksareale und/oder zur
    vorrangigen Weitergabe der Flächen an die jeweiligen Kommunen. Entschädigungszahlungen sollten in den Regionen reinvestiert werden.
  6. Wir begrüßen sehr, dass das Anpassungsgeld jetzt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Braunkohlewirtschaft und der Steinkohlekraftwerksstandorte angeboten wird. Die Regelungen sollten aber auch für dienstleistende Betriebe, die in unmittelbarer Geschäftsbeziehung zu den Kohleanlagen stehen, und Beschäftigte in den kraftwerksbetreuenden Unternehmensbereichen gelten.
  7. Wir erwarten nach der Bund-Länder-Einigung vom 15. Januar 2020, dass die NRW-Landesregierung von CDU und FDP nachverhandelt. Vor allem die Menschen im Ruhrgebiet brauchen jetzt endlich die Unterstützung von Ministerpräsident Armin Laschet. Es darf nicht sein, dass die hoch verschuldeten Städte und Gemeinden des Ruhrgebiets jetzt wieder die Zeche zahlen.

Steinkohleregionen dürfen im Kohleausstiegsgesetz nicht benachteiligt werden (.pdf)

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