Elfi Scho

Vielfalt ist Normalität: Die Ehe ist für alle da

von Elfi Scho-Antwerpes MdB

Es ist nichts anderes als ein historischer Moment! Wir haben am letzten Sitzungstag dieser Wahlperiode im Deutschen Bundestag die Ehe für alle beschlossen. Auch gleichgeschlechtliche Paare können fortan mit allen Rechten und Pflichten heiraten. In vielen Ländern der Welt – übrigens auch streng katholischen – ist das schon lange möglich. Die Bundesrepublik indes war hier noch in mittelalterlichen Zuständen zurückgeblieben.

Ich bin in den letzten Jahrzehnten immer mit Nachdruck für die Gleichberechtigung gleichgeschlechtlicher Paare in die Bütt gegangen. Niemals konnte ich hinnehmen, dass der Gesetzgeber mit zweierlei Maß misst und die Liebe in zwei Klassen einteilt. Im 21. Jahrhundert muss jeder verstanden haben, dass in unserer offenen und bunten Gesellschaft Vielfalt Normalität ist und wir unsere Mitmenschen und ihre Art zu leben und zu lieben akzeptieren.

Die Ehe für alle ist nicht nur ein Symbol. Sie hat tiefgreifende Verbesserungen für gleichgeschlechtliche Paare zur Folge. Das vieldiskutierte Adoptionsrecht ist nur ein Aspekt. Wichtig sind ebenfalls die nun möglichen Versorgungsleistungen, etwa wenn ein Ehepartner stirbt. Oder das Auskunftsrecht in Krankenhäusern, das eben Eheleuten zusteht, nicht aber Menschen mit eingetragener Lebenspartnerschaft. Wir haben also mit der Ehe für alle vielen Menschen geholfen und niemandem geschadet, auch wenn die Union jahrelang die Öffnung der Ehe blockiert hat.

Dass Frau Merkel in einem Interview plötzlich und unerwartet die Öffnung der Ehe für alle möglich gemacht hat, war kein Akt der Nächstenliebe der Kanzlerin. Im Gegenteil. Indem sie sich hier von der Meinung ihrer Partei und der CDU/CSU-Fraktion löst und ihren eigenen Weg geht zeigt abermals, dass sie einzig und allein versucht ihre Macht zu erhalten. Sie hat registriert, dass alle anderen Parteien die Ehe für alle wollen und dreht ihr Fähnchen aus reinem Kalkül mit dem Wind. Um die Menschen geht es ihr dabei absolut nicht. Wie wankelmütig die Kanzlerin ist hat sie in der Abstimmung zur Ehe für alle im Bundestag bewiesen: Sie hat gekniffen und dagegen gestimmt!

Auch die hübsche Geschichte von dem lesbischen Paar mit acht Pflegekindern, die sie in ihrem Wahlkreis in Vorpommern getroffen hat, ist natürliche eine Farce. Dieses Treffen sei ein einschneidendes Erlebnis gewesen, sagte die Kanzlerin.

Die Wahrheit ist: Das Treffen liegt bereits vier Jahre zurück. Wenn die Reaktionszeit der Bundeskanzlerin bei „einschneidenden Erlebnissen“ vier Jahre ist, dann liegt einiges im Argen.

Was auch immer die Kanzlerin am Ende bewogen haben mag, ihrer Partei in den Rücken zu fallen – sie hat die Tür zur Ehe für alle geöffnet und die SPD war es, die den Moment genutzt hat. Martin Schulz hat sich sofort mit unseren Ministerinnen und Ministern und der Fraktionsspitze abgesprochen und dafür gesorgt, dass wir so schnell über einen schon lange vorliegenden Gesetzentwurf des Bundesrates abstimmen konnten. Ein Entwurf übrigens, der von der rot-grünen Landesregierung aus Rheinland-Pfalz stammt.

Wir haben mit der Ehe für alle die Liebe zweiter Klasse endlich abgeschafft. Auch werden wir dem Grundgesetz gerecht, das allen Menschen Gleichheit garantiert. Viele Menschen in unserem Land haben sich für die Gleichberechtigung eingesetzt, haben demonstriert, haben ihre Stimme erhoben. All diesen Menschen gebührt Dank. Der Kampf hat sich gelohnt, die Ehe für alle ist Realität. So war dieser letzte Sitzungstag der laufenden Legislaturperiode in der Tat historisch.

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