Die Wannsee-Konferenz 20. Januar 1942
von Ulla Schmidt MdB
Heute vor 75 Jahren, am 20. Januar 1942, kamen in einer Villa am Berliner Wannsee, auf Einladung des SD-Chefs Reinhard Heydrich, 15 hohe Staatsbeamte, Parteivertreter und SS-Männer zusammen um die „Endlösung der Judenfrage“ zu besprechen. Die Entscheidung über den Völkermord an den europäischen Juden fiel indes schon früher: Bereits im Dezember 1941 verkündete Adolf Hitler seinen Vertrauten die Ausweitung der Deportationen von den „reichsdeutschen“ auf alle europäischen Juden.
Die Wannsee-Konferenz bestimmt also nicht Ort und Zeit der Entscheidung, sie diente ihrer Organisation und der Umsetzung. Mit ihr wird die Ermordung aller europäischen Juden, nach einer später gefundenen Auflistung der NS-Behörden rund elf Millionen Menschen, zum Staatsziel des Deutschen Reiches und seiner Institutionen. Der bereits stattfindende Massenmord wird zum systematischen Völkermord.
Bis zum Ende des Krieges wurden rund sechs Millionen Juden in Konzentrationslagern, durch Massaker und systematische Exekutionen ermordet. Das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz ist heute zu einem Symbol für den Holocaust geworden. Der Tag der Befreiung des Lagerkomplexes durch die Rote Armee, am 27. Januar 1945, ist seit 1996 in Deutschland und seit 2005 internationaler Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus.
Die nationalsozialistischen Ideologie verfolgte von Beginn an insbesondere ein Ziel: Die Ausgrenzung und systematische Verfolgung von allem, was nicht als Teil der stets propagierten „Volksgemeinschaft“ angesehen wurde. Hierzu gehörten neben Juden unter anderem auch Menschen mit Behinderung, psychisch Erkrankte, Sinti und Roma, Kommunisten und Sozialdemokraten, politische Schriftsteller, Zeugen Jehovas und Homosexuelle.
Unmittelbar nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Jahr 1933 begannen sie ein intensives Propagandaprogramm, um für Akzeptanz in der Bevölkerung für „rassenhygienische Maßnahmen“ zu sorgen. Diese gipfelten im beschönigend „Euthanasie“ („schöner Tod“) genannten, ab 1939 planmäßig betriebenem Mord an Menschen die vom rassischen Ideal abwichen, wie etwa Menschen mit Behinderungen oder mit psychischen Krankheiten. Die hierfür gegründete Tarnorganisation befand sich ab dem Frühjahr 1940 in der Berliner Tiergartenstraße 4, weshalb die Aktion auch als „T4“ bezeichnet wurde. Im Rahmen dieser Aktion wurde auch die Vergasung als Tötungstechnik entwickelt. Ab Herbst 1941 waren Mitarbeiter der Aktion „T4“ führend am Massenmord von mehr als 1,7 Millionen Juden in der „Aktion Reinhardt“ beteiligt.
Im Rahmen der diesjährigen Gedenkveranstaltung für die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar wird mit Sebastian Urbanski erstmals ein Mensch mit einer geistigen Behinderung im Deutschen Bundestag sprechen.
Der Kinofilm „Nebel im August“ erzählt sehr eindrucksvoll das Schicksal des Jungen Ernst Lossa, der im Rahmen des nationalsozialistischen Euthanasieprogramms ermordet wurde.