Ralf Kapschack

Zehn Jahre Kabinettsbeschluss „Rente mit 67“

Ralf Kapschackvon Ralf Kapschack MdB

Für die meisten Genossinnen und Genossen ist das vermutlich kein Grund zum Jubeln. Gerade für die Sozialdemokratie war die Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre keine leichte Entscheidung, manche halten sie immer noch für falsch.

Deshalb reagieren die meisten SPD-Mitglieder auch allergisch auf die gerade jetzt wieder auftauchenden Forderungen nach einem Renteneintrittsalter von z.B. 70.

Wie in der aktuellen Debatte wurde auch bei der Entscheidung über die Rente mit 67 der demografische Wandel fast wie eine Apokalypse beschrieben: Da die Beiträge zur Rentenversicherung nicht angetastet werden sollten, höhere Steuerzuschüsse nicht infrage kamen, die Erhöhung oder gar Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze völlig absurd erschien und die Forderung nach einer Erwerbstätigenversicherung allenfalls eine vage Idee war – blieb dann eben nur die Erhöhung des Renteneintrittsalters, um die gesetzliche Rente einigermaßen abzusichern.

Die Konsequenz ist, dass Arbeitnehmer mit Geburtsjahrgang 1964 im Normalfall erst mit 67 abschlagsfrei in Rente gehen können.

„Aber die Menschen sind belastbar. Wir sagen ihnen rechtzeitig, was uns die Zukunft bringt. Denn nur wenn man rechtzeitig über diese Dinge spricht, können die Menschen sich entsprechend darauf einstellen.“ – mit diesen Worten begründete unter anderem Franz Müntefering, damals Bundesminister für Arbeit und Soziales, die Einführung der Rente mit 67. Viele Abgeordnete aus der SPD haben eine Persönliche Erklärung abgegeben, um ihre Bedenken zum Ausdruck zu bringen. Denn klar ist, die Menschen müssen auch gesundheitlich dazu in der Lage sein bis ins hohe Alter zu arbeiten und der Arbeitsmarkt muss sich zunehmend auf ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einstellen.

Vor dem Hintergrund der damaligen Diskussion sind auch heute noch rentenpolitische Entscheidungen zu verstehen, wie beispielsweise die abschlagsfreie Rente für langjährig Versicherte und die Flexi-Rente. Gerade Maßnahmen zur Prävention und Rehabilitation, wie sie im Rahmen des Flexi-Renten-Gesetzes eingeführt wurden, sind bereits bei der Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 als zwingende Flankierung gefordert worden. Denn Menschen können nur länger arbeiten, wenn sie dazu auch gesundheitlich in der Lage sind.

Heute führen wir wieder eine ähnliche Debatte wie vor zehn Jahren. Landauf, landab wird über die Zukunft unseres Alterssicherungssystems diskutiert. Zwar hat sich die Zahl älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den vergangenen Jahren erhöht. Wenn man jedoch bedenkt, dass das durchschnittliche Renteneintrittsalter bei 61,9 Jahre liegt, wird deutlich, dass die Forderung nach einer weiteren Anhebung des Renteneintrittsalters mehr als zynisch ist.

Bundessozialministerin Andrea Nahles hat dieser Forderung in ihrem Rentenkonzept deshalb auch eine klare Absage erteilt.

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