Internationaler Tag für die Beseitigung der Gewalt gegen Frauen
von Christoph Strässer MdB
In diesem Jahr wird – wie an jedem 25. November seit 1999 – der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen begangen. Als die Vereinten Nationen dieses Datum vor siebzehn Jahren als weltweiten Aktionstag initiierten, lag sein Ursprung schon zahlreiche Jahrzehnte zurück.
Die Entführung, Vergewaltigung und Folterung dreier Schwestern in der Dominikanischen Republik im Jahr 1960 war der Auslöser einer Bewegung, die heute jedes Jahr wieder den Blick auf die Misshandlung und Unterdrückung von Frauen und Mädchen lenkt. Mit ihrem Widerstand gegen den grausamen Diktator Rafael Trujillo wurden die Schwestern Mirabal zum weltweiten Symbol gegen jegliche Form von Gewalt gegen Frauen.
Jede dritte Frau in Europa hat bereits physische oder psychische Gewalt erleben müssen. Dabei sind die Täter selten Fremde: Gefährdungen gehen häufig von den eigenen Ehemännern, Vätern oder Brüdern aus. Sichtbare Spuren von Schlägen, Tritten und körperlicher Gewalt sind dabei jedoch nur eine Komponente – die unsichtbaren Spuren des Erlebten, die emotionale Belastung, die Scham, das Gefühl der Erniedrigung sind meist so tief, dass sie nur mit Hilfe professioneller Therapeuten aufgearbeitet werden können. Neben das Gefühl der Angst und Bedrohung tritt allzu oft auch die Erkenntnis, dass die Täter überhaupt nicht oder nur sehr milde bestraft werden und damit ihr Handeln fortsetzen können. Dies demütigt die betroffenen Frauen in besonderer Weise.
Und nicht nur das Opfer selbst muss sein Leben lang mit diesen traumatischen Erlebnissen kämpfen. Kinder erleben ihre Mütter, Schwestern und Tanten in lebensbedrohlichen Situationen, sie sehen Zorn und Aggressivität, sie hören die Angst der Betroffenen, sie spüren die Verzweiflung und sie denken häufig, selbst Schuld an diesen furchtbaren Ereignissen zu sein. Derartige Erlebnisse begleiten das Kind ein Leben lang und führen nicht selten zu einer Fortsetzung des Erlebten in der eigenen Familie.
Für viele Frauen ist die Flucht in eines der rund 390 Frauenhäuser in Deutschland die letzte Möglichkeit, sich und andere Angehörige zu schützen. Leider sind viele diese Häuser in ihrer Existenz bedroht, da es keine bundeseinheitlich gesicherte Finanzierung gibt. Insbesondere in Großstädten ist der Druck auf Schutzräume aufgrund der steigenden Immobilienpreise extrem hoch. Frauen müssen in Notsituationen abgewiesen werden.
In diesem Jahr steht der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen daher auch unter dem Motto „Tür auf!“. Unabhängig von ihrem Einkommen, ihrem Aufenthaltsstatus, körperlichen oder sonstigen Beeinträchtigungen müssen Frauen bedingungslos und dauerhaft vor Gewalt geschützt werden können. Die Schutzräume und ihre MitarbeiterInnen benötigen eine gesicherte finanzielle Zukunft; Häuser müssen barrierefrei werden, um auch Menschen mit eingeschränkter Mobilität Zuflucht gewähren zu können und nicht zuletzt müssen auch ausreichend Dolmetscher zur Verfügung stehen, damit auch Frauen aus anderen Ländern sprachliche Barrieren überwinden und Schutz finden können.
Wenn nun am 25. November wieder Ministerien, Verbände, Parteien und Organisationen die blaue Fahne der Frauenbewegung TERRE DES FEMMES hissen, um ein Zeichen zu setzen, ist dies nicht nur eine Erinnerung an die Schwestern Mirabal und ihren mutigen Kampf, sondern auch eine Mahnung, weiterhin für alle Frauen und Mädchen einzutreten, deren Leben noch immer von Gewalt bestimmt wird.
„Gewalt gegen Frauen betrifft nicht nur eine einzelne Person, es schadet der ganzen Menschheit.“
UN-Generalsekretär Ban-Ki Moon anlässlich des Internationalen Tages für die Beseitigung der Gewalt gegen Frauen im Jahr 2003.